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Fokker VFW 614

Flugzeug mit Triebwerkmontage auf Pylonen über den Tragflächen

Grundmodell VFW-Fokker 614: Geschichte und Entstehung

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im westen Deutschlands wegen Verbote der Besatzungsmächte und aufgrund Geldmangels mehr als 20 Jahre lang keine Verkehrsflugzeuge produziert. Erst in den 1960er Jahren begann eine Zusammenschluß mehrerer bundesdeutscher Flugzeugfirmen, anfangs Entwicklungsring Nord (ERNO 614 = Entwicklungsring Nord, Jahr 61 Projekt Nr.4) und später Vereinigte Flugtechnische Werke (= VFW) genannt, sich Gedanken über ein mit Turbinen angetriebenes Flugzeug zu machen. Dabei versuchten sie nicht in den von Boeing und Douglas Commercial beherrschten Markt der großen Verkehrsflugzeuge einzudringen, sondern orientierten sich mehr nach „unten“, auf den wachsenden Markt für Flugzeuge bis 50 Passagiere.

 

1961 fusionierten die beiden Bremer Flugzeughersteller Focke-Wulf-Flugzeugbau GmbH und Weser-Flugzeugbau GmbH („Weserflug“) zu den Vereinigten Flugtechnischen Werken (VFW) mit Hauptsitz in Bremen. Ziel war unter anderem die gemeinsame Entwicklung eines kleinen Verkehrsflugzeugs, das für den Einsatz auf unbefestigten Flugplätzen geeignet war. Im Dezember 1963 wurde dieses Projekt als VFW 614 in das Unternehmen VFW integriert.

 

1981 wurde das Unternehmen Teil des Luftfahrtkonzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm. Die Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB) wiederum gehörte damals zu den größten deutschen Luft- und Raumfahrt- sowie Rüstungskonzernen.

 

Zielsetzung und Ergebnisse bei der Entwicklung des Grundmodells VFW-Fokker 614:

 

Es sollte ein Flugzeug für Entwicklungsländer und den Betrieb unter schweren Bedingungen gebaut werden, also mit STOL-Eigenschaften.

 

Das auffälligste Merkmal der VFW 614 ist die Triebwerkmontage auf Pylonen über den Tragflächen, die deshalb erfolgte, weil zum Einsatz auf schlechten Pisten ein kurzes und kräftiges Fahrwerk benötigt wurde. Dadurch wird auch das Einsaugen von Steinen und anderen Gegenständen in die Triebwerke sowie die Störung der Luftströmung vor den Triebwerksöffnungen vermieden. Die hohe Triebwerksmontage erlaubt auch die Ausrüstung mit einem ungeteilten Klappensystem und bietet für den Fall einer Notlandung oder eines Triebwerksbrandes größere Sicherheit.

 

Ein interessanter Nebeneffekt der Triebwerksanordnung war, dass die Tragflächen die Triebwerke bei Überflug, Start und Landung abschirmten und die VFW 614 dadurch ein relativ leises Flugzeug seiner Zeit war. Airodynamische Vorteile brachten die oben befindlichen Triebwerke ebenfalls. Beim Durchstarten zieht die Maschine nicht einfach nach oben, wie dass sonst meist der Fall ist.

 

Am Ende der Entwicklungsphase war die VFW 614 – bis auf die Triebwerksanordnung – äußerlich dann doch etwas konventioneller geraten, als man anfangs vorgesehen hatte. Die VFW 614 ist ein Tiefdecker mit gepfeilten Tragflächen. Die VFW erhielt umfangreiche Luftbremsen und Radbremsen mit ABS. Dadurch ist die Start- und Landestrecke mit 1.300 bzw. 1.000 Meter für derartige Flugzeuge sehr kurz. Die Kabine ist für 40 bis 44 Passagiere in 4 Sitzreihen ausgelegt. Eine verlängerte Version war geplant, wurde aber nicht verwirklicht.

 

Ab 1966 wurde das Projekt von der Bundesregierung finanziell unterstützt. Da für die VFW die Entwicklung eines Verkehrsflugzeuge Neuland war , suchte man nach Partnern, die das Risiko mit übernehmen und sich an der Herstellung beteiligen würden. Die Niederländischen Fokker-Werke sagten zu, und so wurde 1969 aus der VFW 614 die VFW-Fokker 614, die 1971 zum Erstflug startete. Allerdings wurden die Testflüge von einem tragischen Unfall überschattet. Bei einem Testflug in 1972 kam es zum “Flattern” des Höhenruders. Das Flugzeug geriet außer Kontrolle und stürzte ab.

 

Dennoch schien die VFW-Fokker 614 einen guten Start zu haben. Mitte 1971 hatte VFW-Fokker bereits 26 Optionen und Bestellungen erhalten. Man ging davon aus, dass man ab 175 verkauften Exemplaren Gewinn einfahren würde. Genau zu diesem Zeitpunkt gab es Probleme mit dem Triebwerkshersteller, so dass man erneut umdisponieren musste. Nach und nach erhielt man aber alle relevanten Zulasungen. Die erste Serienmaschine flog am 28. April 1975. Aber das hoffnungsvoll begonnene Projekt sollte in einem ökonomischen Desaster enden. Bestellungen blieben aus und 1977 wurde das Projekt VFW-Fokker 614 nach der Fertigung von 10 Serienmaschinen und 3 Prototypen offiziell geschlossen.

 

Eine Maschine wurde für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in das Test- und Forschungsflugzeug „Advanced Technologies Testing Aircraft System – “ATTAS“ umgebaut und für Forschungsaufgaben genutzt (siehe oben). 2013 musterte die DLR die Maschine aus und übergab den „Fliegenden Simulator ATTAS“ an das Deutsche Museum.

Entwicklung und UmbautenVFW Bremen (Erstflug: 1971)
NutzungKurzstrecken-Verkehrsflugzeug
Länge20,60 m
Höhe7,84 m
Spannweite21,50 m
Flügelfläche64 m²
Kabinenbreite2,66 m
Kabinenhöhe1,92 m
Leergewicht12.180 kg
typische Nutzlast3625 kg
max. Startgewicht19.950 kg
max. Tankkapazität6.320 Liter
Reisegeschwindigkeit720 km/h in 7.600 m
max. Geschwindigkeit780 km/h (Mach 0,697)
Landegeschwindigkeit157 km/h
Steigleistung15,75 m/s
Dienstgipfelhöhe7.600 m
Startstreckeca. 850 m
Landestreckeca. 620 m
Landegeschwindigkeit160 km/h
Minimalgeschwindigkeit157 km/h
Passagiere und Besatzung40 + 2
Reichweite (leer)2.010 km
Reichweite (beladen)1.200 km
Triebwerke2 x Rolls-Royce/SNECMA
TypM 45 H Mk. 501
Schub2 x 32,4 kN
.(kein Umkehrschub)

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