Flugzeuglexikon.com
Die Farman III war eines der ersten militärisch genutzten, seriengefertigten Flugzeuge der Luftfahrtgeschichte. Lizenzbauten wurden unter anderem von den Albatroswerken in Berlin-Johannisthal und in leicht abgewandelter Form als Bristol Boxkite in England hergestellt.
Die Maschine war die erste eigene Konstruktion des französischen Piloten und Flugzeugbauers Henri Farman. Nachdem er zunächst mit Gabriel Voisin die Doppeldecker Voisin-Farman I und II baute, kam es 1909 zum Zerwürfnis der beiden und Farman gründete seine eigene Flugzeugbaufirma.
Am 6. April 1909 erfolgte der Erstflug des ersten mit Querrudern ausgerüsteten Fluggeräts. Die guten Flugeigenschaften veranlassten Farman, im August des gleichen Jahres an der Flugwoche in Reims teilzunehmen. Zwei erste Plätze beim Distanzflug über 180 km und beim Flug mit zwei Passagieren, sowie der zweite Platz im Höhenflug sorgten für Aufsehen und Kaufinteressenten, insbesondere im militärischen Bereich. Mit dem neuen Gnôme-7-Zylinder Umlaufmotor mit 50 PS Leistung gewann er eine Reihe von Preisen.
1. Preis für Distanzflug über 180 km
1. Preis für Flug mit zwei Passagieren
2. Preis für Höhenflug mit 110 m
Im italienisch-türkischen Krieg wurden 1911 unter anderem zwei italienische Farman III Doppeldecker über Libyen zu Aufklärungsflügen eingesetzt. Im preußischen Döberitz waren Albatros-Lizenzbauten des Farman III die ersten Flugzeuge, auf denen im Jahr 1910 Soldaten zu Militärpiloten geschult wurden (ihr Fluglehrer war der Albatros-Werkspilot Simon Brunnhuber). Die zwei Maschinen waren ein Geschenk des Werksinhabers Dr.Walter Huth an die preußische Armee. Die US-Army erprobte 1910 mit der Maschine die Möglichkeit des Bombenabwurfs.
Bei der hier ausgestellten Maschine handelt es sich um einen Nachbau des Historischen Flugzeugbau Fürstenwalde (als Gemeinschaftsprojekt mit Prof. Heinz A. Linner) aus dem Jahr 1999. Eigentlich war ein flugfähiger Nachbau mit einem tschechischen Walter-Triebwerk geplant. Auf Forderung des Luftfahrtbundesamtes wurden einige Umbauten an Tragflächenstruktur, Querrudern und Ausstattung im Vergleich zu den original Bauplänen vorgenommen. Motorprobleme und die Einstellung von Fördergeldern verhinderten jedoch den Erstflug. 2000 wurde sie auf der ILA in Berlin Schönefeld ausgestellt. Zwischenzeitlich eingelagert befindet sich das Flugzeug seit April 2011 im Besitz des Luftwaffenmuseums (MHM) auf dem Flugplatz Berlin-Gatow.
Länge | 12,7 m |
Flügelspannweite | 10 m |
Tragflügelfläche | 38 m² |
Höhe | 4 m |
Antrieb | 1 x Gnome-7-Zylinder Umlaufmotor mit 50 PS (37 kW) |
Höchstgeschwindigkeit | 90 km/h, Reisegeschwindigkeit: 75 km/h |
Reichweite | 180 km |
Besatzung | 1 Pilot |
Leergewicht | 300 kg, Zuladung: 150 kg |
Fluggewicht | 550 kg |
Gnôme et Rhône: funktionsfähiger Le Rhone 9-Zylinder-Umlaufmotor mit 80 PS von 1918
Der hier ausgestellte, vom französischen Flugmotorenhersteller Le Rhone konstruierte 9-Zylinder Rotationsmotor mit 80 PS wurde 1918 in Amerika in Lizenz gebaut. Die nachträglich eingeprägte Warnung „Not to be flown“ auf dem Typenschild weist darauf hin, dass der Motor nach der Aussonderung aus der US-Arme nicht in andere Flugzeuge eingebaut werden sollte. Dieser Hinweis hatte aber nur rein haftungsrechtliche Gründe. Der Motor war nämlich damals voll funktionstüchtig.
Der Neunzylinder-Umlaufmotor wurde vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt und ist exemplarisch für die Triebwerksentwicklung dieser Zeit. Vor allem das deutsche und englische Militär schätzten ihn wegen seiner Zuverlässigkeit, so dass er in mehreren Varianten gebaut wurde. In Deutschland diente er als Vorlage für den UR II der Motorenfabrik Oberursel AG. Le Rhone-Motoren und dessen Nachbauten wurden im Ersten Weltkrieg in zahlreichen Flugzeugen eingesetzt, wie z.B. in der hier abgebildeten Fokker Dr.1, der Sopwith Camel, der Avro 504 oder der Farman III.
Die Firma Rolls-Royce Deutschland hat ihren Firmensitz u.a. in der ehemaligen Motorenfabrik Oberursel Akt.Ges. bei Frankfurt a.M.. Hier wurden seinerzeit Anfang des letzten Jahrhunderts die verschiedensten französischen Umlaufmotoren in Lizenz gebaut, bzw. weiterentwickelt. Rolls-Royce Deutschland beauftragte 2007 die Firma SCHEURER-HIERONYMI Oberursel/Ts. mit dem Nachbau des Prüfstandes für Umlaufmotoren nach Original-Fotografien aus dem Jahr 1914. Es ist der hier abgebildete Unterbau des Motors.
Entdeckt wurde das seltene Stück vor wenigen Jahren in Frankreich, wo ein Versuch, den Motor wieder herzustellen, fehlgeschlagen war. Der Oldtimerspezialist Herr Eberhard Fritsch aus Flörsheim bei Frankfurt hat den Motor wieder flugfähig instand gesetzt und beabsichtigt ihn schon bald in dem Neubau eines Eindeckers ”Fokker E-III” des ersten Weltkriegs in die Luft zu bringen. In 2008 ist der “Le Rhone” im Museum Gatow auf einem Motoren-Testwagen montiert, der einem historischen Vorbild nachempfunden ist. Es ist der einzige laufende Rotationsmotor in Deutschland. (Stand: März 2008)
Der Kupfertank besteht aus zwei Teilen. Im einen ist der Brennstoff, im anderen das Rhizinusöl. Einen eigentlichen Vergaser gibt es nicht. Eine regulierbare Luftöffnung in der Verbindungsleitung zwischen Motor und Tank sorgt für das erforderliche Gemisch. Bei späteren Modellen konnte das Gemisch mittels Drehzahlmesser kontrollierter gesteuert werden.
Geschichtliche Entwicklung dieses Motors:
Die Brüder Laurent und Louis Seguin begannen 1907 mit dem Bau eines völlig neuen luftgekühlten Motors, der sich weitgehend von den bis dahin geltenden Regeln des Motorenbaus löste. Bei ihm drehte sich die Kurbelwelle nicht mehr in einem feststehenden Motorgehäuse, sondern der ganze Motor drehte sich um eine feststehende Achse. Dafür wurden die Begriffe “Umlaufmotor” oder “Rotationsmotor” geprägt.
Der neue Motor, dem die Erfinder den Namen “Gnome” gaben, wurde 1908 der Weltöffentlichkeit vorgestellt und erregte sofort großes Aufsehen.
Vorteile der Motore:
Die Zylinderkühlung erfolgte durch die Eigenrotation automatisch
Das Gewicht wurde erheblich gesenkt, da keine zusätzliche Wasserühlung erforderlich war
ruhiger und gleichmäßiger Lauf durch die Fliehkräfte der rototierenden Zylinder.
Nachteile der Motore:
rotierende Masse des Motors bewirkte einen Kreiseleffekt.
hoher Schmierstoffbedarf durch das Rhizinusöl
hoher Wartungsaufwand
Geringe Regulierungsmöglichkeit der Umlaufgeschwindigkeit beim Flug
Die Firma bezeichnete ihre Motoren mit griechischen Buchstaben, beginnend mit Omega, einem Siebenzylinder mit 50 PS. Die Leistung wurde laufend durch die Anzahl der Zylinder gesteigert, ferner durch Vergrößerung von Hub und Bohrung und schließlich durch Anordnung von zwei Zylindersternen hintereinander.
Die Firma Le Rhone brachte 1911 ihren ersten Umlaufmotor eigener Konstruktion mit 7 Zylindern und 60 PS heraus. Er unterschied sich äußerlich dadurch, dass hier das Gemisch nicht über das Kurbelgehäuse, sondern über Rohre zum im Zylinderkopf sitzenden gesteuerten Einlassventil geführt wurde. Innerlich unterschieden sich die Motoren von Le Rhône durch eine andere Konstruktion von Haupt- und Nebenpleuel.
Nach der Fusion der Firmen Gnome und Le Rhone zur Firma “Gnome et Rhone” wurde das Prinzip der bewährten Motore beider Firmen weiter entwickelt. Lizenzen wurden von der französischen Herstellerfirma großzügig vergeben, – neben Deutschland auch an England, Italien, Russland, Japan und sogar die USA. Das war sicher nicht zum Wohlgefallen der französischen Regierung, die nach Erhaltung des Vorsprungs ihrer Luftfahrtindustrie strebte.
In Deutschland war es die Motorenfabrik Oberursel im Taunus, die eine Lizenz für den Gnome Lambda erwarb und sich gleich an die Weiterentwicklung machte. Der Flugzeughersteller Fokker hatte unter dem Eindruck des französischen Morane-Saulnier Parasol-Eindeckers 1914 ein ähnliches Flugzeug noch mit einem französischen Gnome-Motor ausgerüstet. Doch ab dem Beginn des Ersten Weltkrieges fanden die Bemühungen von Oberursel in den Entwicklungen von Fokker ihren Niederschlag. Immer leistungsfähigere Motoren aus dem Taunus bildeten den Antrieb für seine Flugzeuge, bis hin zum Dreidecker Fokker Dr 1 der u.a. mit einem Oberursel UR-2 ausgestattet war. Fokker übernahm im Jahr 1917 sogar die Aktienmehrheit des Motorenherstellers.
Insgesamt wurden bis 1919 über 100.000 Motoren dieses Typs hergestellt (einschließlich der Lizenzbauten und der Bauarten Gnôme, Monosoupape und Le Rhône). Le Rhône-Motoren und dessen Nachbauten wurden im ersten Weltkrieg in zahlreichen Flugzeugen eingesetzt, wie z.B. in der Fokker Dr.1, der Sopwith Camel oder der Avro 504, die z.T. lange Zeit im LwM Gatow ausgestellt waren.
Trotz der großen Zahl der gebauten Motoren setzte sich der Typ des Umlaufmotors aber in den Folgejahren im Flugzeugbau nicht durch, so dass der Le Rhône-Neunzylindermotor einer der letzten seiner Art blieb. Grund hierfür war die schnellere Entwicklung im Bereich der stehenden Motoren. Spätestens ab dem Vorfeld des 2. Weltkriegs nutzte man nur noch Reihenmotore und Sternmotore.
Technische Daten: Rotationsmotor
Hersteller | Le Rhone | ||
. | Frankreich | ||
Baujahr | 1918 | ||
Bauart | Umlaufmotor | ||
Zylinder | 9 Zylinder, 4-Takt | ||
Hubraum | 12 Liter | ||
Leistung | 80 PS (60 kW) | ||
Drehzahl | 1.200 U/min. | ||
Verbrauch | 350 g/PSh | ||
Schmierstoff | Rhizinusöl |
Beschreibung der Arbeitsweise eines Umlaufmotors: (Ölverdünnungsgefahr durch Kraftstoffeinwirkung. Rhizinusöl verbindet sich nicht mit Kraftstoff)
Der Umlaufmotor ist ein Verbrennungsmotor, bei dem der Bewegungsablauf eines herkömmlichen Hubkolbenmotors (Standmotor) kinematisch umgekehrt ist. Beim Umlaufmotor gibt es keine sich drehende Kurbelwelle, sondern lediglich drehbar gelagerte Hubzapfen sowie sich drehende Zylinder. Dabei drehen sich die Zylinder um eine andere Achse als der Hubzapfen (exzentrisch), wodurch der Hub der einzelnen Kolben innerhalb der Zylinder zustande kommt.
Umlaufmotoren wurden hauptsächlich in der Frühzeit der Fliegerei eingesetzt. Da man auf der Suche nach leistungsfähigen, aber leichten Motoren war, wollte man die schwere Wasserkühlung zugunsten der leichteren Luftkühlung aufgeben. Um eine genügend grosse Luftströmung für die Kühlung zu erhalten, ließ man die Zylinder um die Kurbelwelle rotieren. Die Zylinder waren dabei meistens sternförmig angeordnet, in manchen Fällen sogar als zweireihiger Stern. Der Treibstoff wurde über die hohle Kurbelwelle zugeführt. Umlaufmotoren hatten bis zu 14 Zylinder.
Bei gleicher Leistung wogen Umlaufmotoren nur etwa zwei Drittel der herkömmlichen Reihenmotoren. Umlaufmotoren zeichneten sich durch ihre Laufruhe aus, da das Kurbelwellengehäuse und die daran befestigten Zylinder als Schwungrad wirkte. Die rotierende Masse des Motors bewirkte jedoch einen Kreiseleffekt, der die Steuerung des Flugzeugs beeinflusste, was das Flugzeug schwieriger zu fliegen machte.
Nachteilig war ein hoher Schmierstoffbedarf (Brennstoff-/Schmierstoffverhältnis von 4:1) und ein hoher Wartungsaufwand, denn durch die Rotation der Zylinder traten an den Kolben Kräfte auf, die seitlich wirkten. Das Schmierstoffsystem war außerdem offen, so dass ein Gutteil des unverbrannten Öls den Piloten traf. Das Schmierölgemisch enthielt viel Rizinusöl. Piloten mussten mitunter nach den Flügen recht schnell die Toiletten aufsuchen (ist kein Witz !!).
Außerdem ließ sich das Triebwerk nicht drosseln, und die Luftkühlung funktioniert nur bei voller Rotationsgeschwindigkeit einwandfrei. Wenn bei diversen Flugschauen die Repliken der alten Flugzeuge mit diesem Triebwerk zur Landung einschweben, kann man deutlich hören, wie der Pilot den Motor immer wieder abstellt, um die Geschwindigkeit zu reduzieren.
Impressum
Datenschutz
Copyright © flugzeuglexikon.com