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Das Reichsluftfahrtministerium forderte 1936 in einer Ausschreibung den Bau eines schweren Jagdflugzeugs, das von der Luftwaffe die Bezeichnung „Zerstörer“ erhielt. Aufgabe des Zerstörers sollte der Begleitschutz für Bomber durch die Bekämpfung feindlicher Abfangjäger sein. Die Maschine sollte Bomberverbände bis weit ins feindliche Hinterland begleiten und gleichzeitig die Wendigkeit einer einmotorigen Maschine besitzen. Ferner sollte es ein zweimotoriger Begleitjäger mit beweglicher Kanonenbewaffnung sein, der ein nach vorne und aufwärts ausgerichtetes Schussfeld haben sollte.
Die Messerschmitt AG entwickelte einen zweimotorigen Tiefdecker in Schalenbauweise und gewann mit diesem Flugzeug die Ausschreibung. Die Messerschmitt Bf 110 war ein 2-sitziges Militärflugzeug mit großer Reichweite in Tiefdeckerauslegung und Ganzmetallbauweise der 1934 neugeschaffenen Gattung des Zerstörers, das im Auftrag der deutschen Luftwaffe unter Leitung von Willy Messerschmitt konstruiert und von der Firma Bayerische Flugzeugwerke AG produziert wurde (ab 1938: Messerschmitt AG). Bei diesem Vorhaben wurde er tatkräftig von Göring unterstützt.
Die vom Reichsluftfahrtministerium für den neuen Zerstörer vergebene Typnummer lautete 110. Das für die Flugzeugbeschaffung zuständige Technische Amt des RLM kombinierte die Typnummer entsprechend seines offiziellen Bezeichnungssystems mit dem Kürzel des Herstellers Bayerische Flugzeugwerke AG zu Bf 110. Der Erstflug des Typs erfolgte am 12. Mai 1936 mit der Bf 110 V1 (D-AHOA)
Ein “Zerstörer” ist ein Mehrzweckkampfflugzeug, das primär als schweres Jagdflugzeug für die Zerstörung anderer Flugzeuge eingesetzt wird, aber auch andere Aufgaben, wie zum Beispiel Luftaufklärung oder Tiefangriffe, ausführen kann.
Im Kriegseinsatz stellte sich bald heraus, dass die verschiedenen Anforderungen des Reichsluftfahrtministeriums schwer miteinander vereinbar waren. Da die Maschine weniger wendig als 1-motorige Jäger war, konnte sie den vorgesehenen Verwendungszweck nicht voll erfüllen. Durch ihre Geräumigkeit und die Zwei-Mann-Besatzung war sie aber für den Einbau zusätzlicher Ausrüstung wie Navigationsinstrumente und Radar geeignet. So bewährte sich die Bf 110 als Fernaufklärer, Jagdbomber und Geleitzugbegleiter über See.
In der hier abgebildeten Nachtjagdversion spielte sie vor allem in der Luftverteidigung eine bedeutende Rolle. Bis zum Ende des Krieges wurden fünf Baureihen in verschiedenen Versionen gefertigt.
Als die Produktion in den ersten Wochen des Jahres 1945 wegen Materialmangel auslief, waren von der Bf 110 nahezu 5.800 Stück gebaut worden, davon 3.028 Tagjäger, 2.240 Nachtjäger und 492 Aufklärer.
Technische Beschreibung:
Die Bf 110 wurde als freitragender Tiefdecker in Ganzmetallbauweise aus Duralblech mit Einziehfahrwerk und doppeltem Seitenleitwerk entwickelt. Die Ausführung mit einem doppelten Seitenleitwerk wurde gewählt, damit der Heckschütze ein freies Schussfeld hatte. Der in Schalenbauweise ausgeführte Rumpf hatte einen elliptischen Querschnitt. Die zwei Flugzeugführer saßen unter einer fünfteiligen, verglasten Kabinenhaube, von der im Notfall drei Teile abgeworfen werden konnten. Das freitragende Tragwerk bestand aus zwei einholmigen, trapezförmigen Tragflächen. Zwischen den Motorgondeln und dem Rumpf waren vier selbstdichtende Treibstofftanks für insgesamt 1.270 Liter untergebracht. Da der geplante DB 601 Motor zu Beginn nicht verfügbar war, fand der Jumo 210 mit einer Startleistung von 680 PS Verwendung, der aber als völlig untermotorisiert galt. Die Bewaffnung bestand zunächst aus 4 nach vorne gerichteten 7,92-mm MG 17 und für den Bordfunker ein nach hinten feuerndes 7,92-mm MG 15.
Am 12. mai 1936 hatte die Bf 110 V1 (D-AHOA) ihren Erstflug. Die Maschine war mit zwei DB 600 A-Motoren ausgerüstet und erreichte in 3.300 m eine Geschwindigkeit von 502 km/h. 1937 waren die Werkserprobungen bei Messerschmitt abgeschlossen und die Maschinen gingen an die Erprobungsstelle nach Rechlin. Nachdem auch dort die Erprobungen erfolgreich waren, wurde vom Technischen Amt zunächst der Auftrag zur Fertigung der Bf 110 A-0-Serie erteilt.
Nachtjagdvarianten der Bf 110:
Mehr und mehr waren Messerschmitt Bf 110 schon seit dem Sommer 1942 für Nachtjagdeinsätze verwendet worden. Zunächst handelte es sich lediglich um mit Auspuff-Flammendämpfern nachgerüstete Bf 110. Erst ab dem Frühjahr 1942 wurden verschiedene Bf 110 mit dem Telefunken-Radar FuG 202 Lichtenstein BC nachgerüstet. Mit der G-4/R3 erhielten Anfang 1944 die Nachtjagdverbände die erste reine Nachtjägervariante der Bf 110. Ihr neues Telefunken FuG 220b Lichtenstein SN-2 konnte Flugzeuge in bis zu 4000 Metern Entfernung und in einem Winkel von 120 Grad horizontal und in einem Winkel von 100 Grad vertikal erfassen. Gegen Kriegsende wurde die Funkmessanlage noch um ein passives FuG 227/1 erweitert. Das „Hirschgeweih“ der Antennenanlagen erhöhte der Luftwiderstand der Messerschmitt Bf 110 erheblich. Es gab erhebliche Einbußen bei der Geschwindigkeit.
Eine besondere Nachtjagdvariante war noch die G-4/R8 mit zwei nach schräg oben feuernden MG FF/M im hinteren Cockpit. Die so genannte „schräge Musik“ war schon ab Juli 1943 erfolgreich erprobt worden. Schräge Musik ist die Bezeichnung für eine deutsche Waffentechnik des Zweiten Weltkrieges, bei der Maschinengewehre oder Maschinenkanonen schräg nach oben gerichtet in einen Nachtjäger eingebaut wurden. Mit Hilfe der „schrägen Musik“ sollten britische Nachtbomber, die keinen nach unten wirkenden Waffenstand aufwiesen, abgeschossen werden, ohne eine eigene Gefährdung eingehen zu müssen.
Es wurde deshalb eine ganze Reihe Bf 110 entsprechend ausgerüstet. Ihre Anpassungsfähigkeit an viele Rollen – vom Zerstörer über Jäger, Jagdbomber, Nachtjäger bis hin zum Aufklärer – war die eigentliche Stärke der Bf 110. Ersatz für sie boten weder die Messerschmitt Me 210 noch die Messerschmitt Me 410. Deshalb wurden erst im Februar 1945 die letzten 17 Exemplare montiert. Die Gesamtzahl aller Bf 110 lässt sich nicht mehr exakt ermitteln.
Einsatzzweck | Nachtjäger | |||
Besatzung | 2 Mann, zeitweise 3 | |||
Spannweite | 16,29 m | |||
Länge | 12,68 m | |||
Höhe | 3,98 m | |||
Tragfläche | 38,36 m² | |||
Flächenbelastung | 244 kg/m² | |||
Triebwerk | 2 x Daimler-Benz DB 605 | |||
Startleistung | je 1.475 PS | |||
Flugmasse | 9.800 kg | |||
Geschwindigkeit | 585 km/h max. | |||
. | mit Radar ca. 550 km/h | |||
Gipfelhöhe | 8.000 m |
Steigfähigkeit | ca. 11 m/s | |||
Reichweite | 850 km (ohne Zusatztanks) | |||
Typische Bewaffnung (1944) | 2 x MK 108 und 2 x MG 151/20 | |||
. | in der Nase, zwei MG FF/M | |||
. | und das MG 81 Z | |||
Radar (Aktiv): | Frühe Versionen ohne Radar oder | |||
. | mit Infrarotsichtgerät „Spanner“ | |||
. | FuG 202 Lichtenstein B/C (1942) | |||
. | FuG 220 Lichtenstein SN-2 mit | |||
. | FuG 202 für den Nahbereich | |||
. | (ab Ende 1943) | |||
. | FuG 220 | |||
. | ab ca. Mitte 1944 |
Technische Kurzbeschreibung: (alle Angaben zur Bf 110 C)
Rumpf: Ganzmetallbauweise mit Glattblechbeplankung – Waffen im Rumpf – langgestreckte Kabine aufgesetzt.
Tragwerk: Tiefdecker – einholmig – Ganzmetallbauweise.
Leitwerk: Höhenleitwerk auf dem Rumpf – doppeltes Seitenleitwerk – unten breite und oben abgerundete Endscheiben.
Fahrwerk: steuerbares Heckrad – Heckrad nicht einfahrbar – einfach bereift.
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